dinsdag 6 december 2016

Jugendlehre (1906)

Friedrich Wilhelm Foerster
Allgemeine Gesichtspunkte. In: ders.: Jugendlehre. Ein Buch für Eltern, Lehrer und Geistliche. Berlin: Reimer 1906 (2. Auflage) 
 
Analyse des Textes anlässlich des Moduls "Kinder, Jugendliche und Pädagogik"; Virtuelle Campus Pädagogik / Universitäre und Kantonale Lehrerinnen- und Lehrerbildung Bern, SS 2004
 
Biographie
Als Sohn eines anerkannten Naturwissenschaftlers, wuchs Friedrich Wilhelm Foerster (1869 – 1966) auf in dem progressiv-protestantischen Milieu der Berliner Intelligentia. Selber studierte der junge Foerster, wie er noch lange genannt wurde, Philosophie, Nationalökonomie und Physiologie in Freiburg im Breisgau und Berlin. Er promovierte 1893 mit einer Doktorarbeit über die Ethik Kants und habilitierte sich 1898 in Zürich mit der Schrift " Willensfreiheit und sittliche Verantwortlichkeit. Eine sozialpsychologische Untersuchung ". Von 1898 bis 1912 war er Privatdozent für Philosophie und Moralpädagogik an der Universität Zürich und an der ETH. Nach einem Jahr an der Universität Wien war er dann 1914 - 1920 Professor für Pädagogik und Philosophie in München. Wegen seines Engagements für den Pazifismus und gegen den Nationalismus geriet er in Deutschland dermassen oft in Probleme, dass er dem Land 1920 definitiv den Rücken kehrte. Als freischaffender Schriftsteller lebte er seit 1920 in der Schweiz, in Frankreich (1926 - 1940) und in den USA (1940 - 1963). Er starb 1966 in Kilchberg, im Kanton Zürich. (alles: Enders 2003; Webseite Pascal Max Stand 20. April 2004)



vlnr: Karl (1874-1970, Botaniker), Wilhelm Julius (1832-1921, Astronom) und Friedrich Wilhelm Foerster (1869-1966, Pädagoge)


Kontext

Noch während seines Studiums gründete Foerster zusammen mit seinem Vater und dem Philosophen Georg von Gizycki 1892 die freidenkerische „Deutsche Gesellschaft für Ethische Kultur “ (DGEK). Hauptziel dieser eher kleinen, aber sehr öffentlichkeitswirksamen Gesellschaft war es, eine von religiösen Vorstellungen lösgelöste Morallehre zu entwickeln, die den Religionsunterricht in dem von der Kirche befreiten Volksschulunterricht zu ersetzen imstande wäre (Visser 1998). (1) 1895 dotierte diese DGEK nicht weniger als 5000 Mark für

"[] die Abfassung eines volkstümlichen Handbuches der humanen Ethik auf wissenschaftlicher Grundlage, welches Lehrer und Eltern anleitet, einen von trennenden Voraussetzungen religiöser oder metaphysischer (einschließlich materialistischer) Art freien Unterricht zu geben. " (ebd.).

Das Buch „Jugendlehre“ (1904) war Foersters wohl verspätete Reaktion auf genau diesen Wettbewerb. Während der Verfassung derselben vollzog Foerster aber einen radikalen Kehrtwendung: er distanzierte ab 1900 auch öffentlich von ‚seiner' DGEK und vertrat bis zu seinem Tode weiterhin, zwar nicht konfessionell gebundene, aber dezidiert christlichen Positionen. Oft sehr nahe beim, aber auch sehr kritisch gegenüber dem Katholizismus argumentierend, trat er erst kurz vor seinem Tode im Zürcher Sanatorium in die ‚Mutterkirche' ein. 
Jugendlehre
Trotz und Dank diese eher unbestimmten religiös-weltanschaulichen Position war Foersters ‚Jugendlehre' einen Riesenerfolg. Schon nur in der deutschen Fassung wurde dieser unchristlich-christliche Erziehungsratgeber 1904-1929 achtzehn mal verlegt und erschien 1959 nochmals in einer überarbeiteten Ausgabe. Auch im skandinavischen, niederländischen, spanischen und englischen Sprachraum galt Foerster bis in den 1930rn, wenn nicht sogar bis in den 1950rn als einer der massgebenden Moralpädagogen. Populär war und blieb er lange gleichermassen bei Katholiken, Protestanten und ‚Heiden', wie auch bei Liberalen, Konservativen und Sozialisten. Auch wenn er später viel behutsamer argumentierte, erklärt sich der Erfolg, spezifisch der ‚Jugendlehre' u.a. damit, dass Foerster in diesem Ratgeber gewisse Positionen der Reformpädagogik, wie auch der derzeitigen Frauen- und Lebensreformbewegung, etwa nach Koedukation und ‚natürlicher Erziehung' zu integrieren suchte, und sich verständnissvoll für die Anliegen der SozialistInnen zeigte. Innovativ war Foersters Ratgeber „ für Eltern, Lehrer und Geistliche “ nicht zuletzt auch wegen der Mühe, die er sich gegeben hat, Beispiele aus dem (bürgerlichen) Alltag herbeizuziehen. Im Vergleich zu den auch damals noch üblichen Hand- und Schulbücher für die moralische Unterweisung der Jugend – die sich seit dem späten 18. Jahrhundert methodisch und inhaltlich kaum verändert hatten (Ebd., S. 28, dazu auch Visser, 2004) – war dies eine Leistung, aufgrund deren die ‚Jugendlehre' bis auf den heutigen Tag als ein Modell für moderne Erziehungsratgeber gelten kann.

Verinnerlichung
In der besten Tradition Rousseaus fängt Foerster sein Buch mit einer Klage über die Gegenwartskultur an, die er als „ in erster Linie technisch“, „rein weltlich“ und „zu sehr auf das Äusserliche gerichtet “ betrachtet. Diese ‚gefährdete' und (zugleich!) ‚unmögliche' Kultur stellt den Neukatholiken einem idealisierten Mittelalter gegenüber, in dem das Leben angeblich ganz und gar auf das „Erhabene“, „Wesentliche“, Wertvolle“ und „Innere“ ausgerichtet gewesen sei, das Gute noch gut, das Böse schlicht und einfach böse gewesen wäre (Foerster 1904, S. 1-2). Weil es aber weder möglich noch wünschenswert sei, das Rad der Zeit zurückzudrehen gälte es, so Foerster, der modernen Kultur eine neues, ‚vertieftes' geistiges Fundament zu unterbreiten. Diese neue-alte Kultur der ‚Verinnerlichung' sollte, nebst über die verschiedenen Reformbewegungen (S. 3ff) (2) v.a. über den Schulunterricht, sowie über eine richtige Moralerziehung seitens Eltern und Geistliche im Volke verbreitet werden. (ebd., S. 5-10)
 
Gut und Böse
Von dem Ansatz her glaubt Foerster mit seiner Moralpädagogik primär bei der Pädagogik seiner Zeit anzuschliessen. Anstatt Moral altmodisch, wie in der üblicherweise als ‚bösartig' stilisierten ‚alten' Schule ‚reinzupauken', gilt es, das Kind in der neuen Schule grundsätzlich für moralische Überlegungen zu interessieren. Indem der Moralerzieher beim Interessenkreise des Kindes anknüpft, könne, so Foerster, die ‚moralische Energie' im Kinde angesprochen werden, womit es sich sozusagen aus eigener Bewegung zu einem tiefen Wissen und Wollen des moralisch Guten führen würde (ebd., S. 11f.). Die Vorstellung, welche auch aus den vielen Beispiele spricht, ist, dass ‚richtige' Moralerziehung verstanden werden kann als die ‚sanfte' Lenkung kindlicher Impulse auf die Verinnerlichung eines Kataloges expliziter Tugenden hin. Anstatt bloss Belehrung gilt es dabei, Kinder stufenweise das ‚Richtige' an Leib und Seele erfahren zu lassen, was Foerster die ‚induktive' Methode nennt (ebd. S. 14, 28ff).
Philosophisch und weltanschaulich ein Idealist, zeigt Foerster sich dabei – und auch das macht wahrscheinlich einen Grossteil seines Erfolges aus –ein Realist: Kinder sind manchmal auch schlecht, böse und sündig, und somit gar nicht interessiert an moralischen Unterweisungen. Im Kerne aber ist und bleibt die optimistische Annahme die, dass Kinder, mit der Hilfe der ihnen innewohnenden Kräfte, zu moralisch handelnden Individuen und gemeinschaftlich orientierten sozialen Wesen heranwachsen können (S. 31-33) – freilich aber nur unter ‚guter', d.h. ‚einfühlsamer' aber auch sittenstrenger geistiger Führung. (3)



Führen und Wachsen

Es ist eben diese Antinomie zwischen ‚führen' oder ‚wachsen lassen', die den Text Foersters so reichlich paradox und beiweilen höchst irritierend macht. So stark sein Bezug auf die (angeblich ‚freiheitliche') Reformpädagogik auf semantischer Ebene auch sein mag, seiner Vorstellung von Moralerziehung als „Charakterbildung“ durch „Willensbildung“ haftet etwas zwingendes, wenn nicht sogar etwas autoritäres an. Nun, normative Pädagogiken wie diese waren bis vor sehr kurzen auch in der ‚wissenschaftlichen' Pädagogik sehr verbreitet und grassieren im Ratgeberbereich ja auch heutzutage noch. Das erklärt aber keineswegs, warum gerade Foersters ‚Balance-akt' zwischen modernem Individualismus und dogmatischem Katholizismus so viel Anklang gefunden hat.
Kennzeichnend für die Foerstersche Herangehensweise ist, dass er auf der Grundlage einer Mischung aus (wenig) Wissenschaft (4) , (viel) ‚common sense' und Anspielungen auf Religion und gute Sitten zugängliche und zur damaligen Zeit ganz akzeptable, konkrete Erziehungsvorschläge gibt, die für alle (!) Kinder zutreffend sein sollten. Interessant ist dabei zu beobachten, auf welchen verschiedenen Ebenen ‚Moralerziehung' nach Foerster vonstatten gehen kann bzw. soll. Zuerst gibt es da Foerster selber, die unantastbare Autorität in Sachen Pädagogik und Moral, der Eltern ganz einfach erzählt, wie und warum ErzieherInnen (im allgemeinen) Kinder (methodisch) zu welchen Ziele erziehen sollten (I). Dann erzählt uns Foerster unzählige Beispiele, aus denen hervorgehen soll, wie sowas (praktisch) funktionieren könnte (II). Auch auf dieser zweiten Ebene spricht die Autorität Foerster, jetzt aber als Praktiker bzw. in Gewande einer seiner ProtagonistInnen. In manchen solcher Beispiele kennt die Foerstersche Moralerziehung noch eine dritte Ebene – indem er es Eltern nahe legt, ihre Kinder dazu zu ermutigen, ihre peers zum Guten anzuregen (III). Vor allem auch wegen des Akzentes auf Redsamkeit, Toleranz und Vertrauen auf die Urteilskraft der Kinder/Jugendlichen mutet das alles sehr modern an. Unter einem Firnis der Fortschrittlichkeit wird zugleich aber auch ein sehr mittelschichtslastiges, (5) fast ausschliesslich auf Buben fixiertes (6) und letztendlich auch ziemlich körperfeindliches Menschenbild vertreten (7) , sowie eine Lebenswelt, die sozusagen ganz und gar ‚durchpädagogisiert' ist. Auch wenn wir hinnehmen, dass sich hierin starke Züge des ‚Zeitgeistes' widerspiegeln, sind die Paradoxien der Foersterschen Moralpädagogik damit keineswegs aus der Welt geschaffen.

Geist und Körper
John Dewey, der als junger Philosoph die Lehre Hegels in Amerika zu verbreiten versucht hatte, schwenkte um 1890 auf einen modernen, eher materialistisch (und monistisch) orientierten Pragmatismus ein. Kurioserweise machte der junge Foerster biographisch und ideenhistorisch die genau umgekehrte Bewegung: zuerst Propagandist eines ursprünglich amerikanischen und äusserst modernen Freidenkervereins, umarmte er als Neukatholik ein eher altmodischen Art von Idealismus. Neben Körper und Geist (Bewusstsein), wäre er damit formell dazu gezwungen, auch noch eine dritte Kategorie des menschlichen Daseins, nämlich die der Seele zu anerkennen. Trotz sprachlichen Annäherungen an dieses alte platonische Konzepts (das einer philosophischen Überprüfung nicht einfach standhalten kann...), treten Geist, Bewusstsein und Seele und sogar Charakter und Willen bei Foerster durcheinander und quasi als Synonyme auf. Trotz aller seiner Bemühungen, die Moralerziehung ‚konkret' zu machen, sie an unmittelbare Gegenstände und Ereignisse zu knüpfen, bleibt er behaftet in einem sehr dualistischen Schema, in der dieser‚Geist' ganz klar vordergründig ist. Wie oft er auch quasi-biologische Argumente hervorhebt, Moralerziehung à la Foerster ist die gezielte Einwirkung auf eine seelisch-geistige Ebene, zum Zwecke der Beherrschung alles Körperlichen sowie der Regulierung aller Handlungen nach dem Massstab eines eher starren Menschen- und Gesellschaftsbildes.

Füllen
Nicht nur die Inhalte und Ziele dieser Art Moralerziehung, sondern vor allem deren Objekte sind im keinen Fall objektiv zu bestimmen. Die Wahl einer festen Moral ist Foerster wohl nicht übel zu nehmen, liegt solches doch auch für uns in der Praxis –bewusst oder unbewusst- sehr nahe. Seine einseitige Fixierung aber, auf das höchst abstrakte ‚Geistige' im Menschen, greift zu kurz um das konkrete Leben aufwachsender Jugendlicher und deren moralische Gefühle und Überlegungen zu verstehen oder gar darauf Einfluss zu nehmen. Dafür ist dieses ‚seelisch-geistige' unzureichend definiert (bzw. definierbar), und für die Praxis der Erziehung schlicht unzugänglich. Foersters expliziter Bezug auf Dewey (S. 27) muss die Richtigkeit seiner Vorstellung einer ‚induktiven' Moralerziehung, die vom Konkreten ausgeht, unterstreichen, tut dies aber im Endeffekt gerade nicht. Denn die Foerstersche „Charakterbildung“ vom Kinde aus unterstellt, dass der Erzieher bzw. die Erzieherin die ‚Seele' eines jeden Kindes zu jedem Zeitpunkt „schauen“ kann, und ausserdem nach Wunsch mit der ‚richtigen' Vorstellungen „füllen“ kann. Solch einer idealistischen Herangehensweise haftet etwas totalitäres an, indem sie der/dem ‚gute(n)' ErzieherIn eine Art Allmacht zu verleihen scheint. Paradoxerweise werden sie gleichzeitig auch in Ohnmacht versetzt: wenn immer etwas schief geht in der (Moral)Erziehung, kann das nur Schuld der ErzieherInnen sein – der/die ja nicht ‚richtig' geschaut haben bzw. nicht ‚gut' genug gewesen sind...

So einfach kann das natürlich alles nicht sein. Es braucht aber nur fünf Minuten Schnüffeln im Stauffacher (2. Stock, links, bei den Erziehunsratgebern) um herauszufinden, dass Friedrich Wilhelm Foerster unter verschiedenen Namen und in verschiedenster Couleur immer noch unter uns weilt - und zwar als Urvater des modernen Ratgebergenres.


Alderik Visser
Bern, Mai 2004




Kommentar zum Artikel Alderiks:


Saturday, 22 May 2004, 8:49:33 am
Ergänzung aus einer Genderperspektive
Bereits der Titel hält nicht , was er verspricht: "Jugendlehre" ist schwergewichtig männlich konnotiert. Dass Foerster die traditionell- bürgerliche Rollenteilung vertritt, gehört sicher zur Zeitbedingtheit, bleibt aber erstaunlich, da er im Zusammenhang mit andern sozialen Anliegen durchaus eine offen kritische Haltung eingenommen hat; warum also nicht in der Gleichberechtigungsdebatte (Männer , die solche Anliegen vertraten, gab es auch schon damals, siehe Condorcet, Gobat etc.)
Moralischen Geboten als Apologie der bestehenden patriarchalen Ordnung müssen sich offenbar nur Knaben freiwillig gehorsam unterziehen; traut man dies den Mädchen nicht zu (Möbius: Ueber den physiologischen Schwachsinn des Weibes, 1903) oder geht es darum, diese gezielt auszuschliessen (Bosshard- Pfluger)? Wie dem auch sei, Mädchen werden entweder in Fussnoten erwähnt (Bildung schadet vor allem Mädchen, denn „sie verjagt alle Liebe aus der Häuslichkeit“ 7/Fussnote) oder in die Nähe der Dienstboten gerückt , wenn es in der Knabenerziehung darum geht, die Wertschätzung physischer Dienstbotenarbeit und „häuslicher Frauenarbeit“ zu begründen, welcher es in der „Männerwelt“ bedarf (33), denn für das andere Geschlecht gilt: „ ... in der weiblichen Erziehung muss (...) darauf aufmerksam gemacht werden, wie viel geistige und sittliche Fähigkeiten in der Handhabung des einfachsten häuslichen Dienstes betätigt und geübt werden können“(34).

Katharina Kellerhals


Saturday, 22 May 2004, 9:01:02 am

Der Freidenkerverein, der Foerster 1892-1904 präsidierte, war explizit auch ein feministischer Verband - mit gleichberechtigte Mitgliederinnen & offen für die Anliegen (links)bürgerlicher Frauen. Diese aber, Vertreterinnen der sog. erste feministische Welle argumentierten z.Zt. nicht wesentlich anders als der Neukatholiken Foerster: es gibt Frauen und Männer mit unterschiedliche Qualitäten, Möglichkeiten und Funktionen, solche welche einander in der Ehe ergänzen (vgl. u.a. Ellen Key und MMontessori) Diese Art von feministische Strategie, der nicht primär auf Gleichheit, sondern auf Differenz setzt, wird auch heutzutage noch vertreten, nicht nur in esoterischen Kreisen, sondern auch in gewisse Zweige der Genderforschung (vgl. Kohlberg versus Gilligan)
Nun, ich habe ja auch selber gesagt, 'Jugendlehre' sei ein ziemlich bubenlastig Buchwerk. Dennoch glaube ich, dass es ein Anachronismus ist, Foerster dies allzu sehr übel zu nehmen. Mit seine Rollenzuschreibung lag er erstens relativ gut im Trend mit den Frauenrechtlerinnen seiner Zeit, inklusive die Attribuierungen 'wahrhafter' Weiblichkeit. Mit dem Gedanken, Buben sogar ein wenig für die Dienstbotenarbeit zu interessieren, sie also bei der Hausarbeit mithelfen zu lassen, wurde Foerster zweitens sogar als äusserst progressiv gesehen.
Was Condorcet und Gobat oder auch J.S. Mill zu Derzeit schon mal theoretisiert haben mögen, ich vermute, dass auch diese liberale Bürgermänner selber eher selten häusliche Arbeit geleistet haben. Das tun sie & solche Männer ja schliesslich auch noch nicht allzu lange, und immer noch relativ wenig. Aus diesem Grunde betrachte ich es, nochmals, als historisch eher heikel, Foerster allzu sehr nach den heutigen Masstäben zu messen.

Alderik

Literatur

Enders, Susanne: Moralunterricht und Lebenskunde. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2003.
Visser, Alderik: Die Evolution der Gesinnung. Ethische Gesellschaften in Europa und den U.S.A. zwischen Wissenschaft und Religion (etc.). In: Rülcker, Tobias, Jürgen Oelkers (Hrsg.) Politische Reformpädagogik. Bern (etc.): Peter Lang 1998, S. 223 - 247.
Visser, Alderik: Aufklärung und Erlösung. Friedrich Wyss und die weltliche Moralerziehung 1874 - 1918. In: Horster, Detlev, Jürgen Oelkers (Hrsg.): Pädagogik und Ethik. Opladen: Verlag für Sozialwissenschaften. (2004)
Noten

1) Ursprünglich eine Bewegung für säkularisierende Juden in den USA, entstanden um 1900 etliche solche ‚ethischen Bewegungen' in Deutschland, Östereich und die Schweiz, sowie in England, Italien und Japan. In Deutschland verband die Gesellschaft 1892 – 1914 eine Gruppe namhafte PhilosophInnen, PädagogInnen und SozialreformerInnen (Enders 2003; Visser 1998)
2) Nebst den derzeitigen pädagogischen Reformbewegung meint Foerster hier gewisse Teile der Frauen- und Jugendbewegung, sowie (v.a.) der sog. Lebensreformbewegung (Alkoholabstinz, sexuelle Enthaltsamkeit, Vegetarismus, etc.)
3) Der Optimismus der RefompädagogInnen bzgl. dem intrinsisch Guten der kindliche Seele ist in der „Jugendlehre“ zwar noch vorhanden, zugleich dient der spätere Foerster als „Bussprediger“ der Erbsünde sich an gewissen Stellen schon an. Mit den Jahren wurde seine Forderung nach Gehorsam als Grundlage der Selbsdisziplin und der Autonomie des Kindes immer stärker.
4) Wobei u.a. anzumerken ist, dass Foersters Bezüge auf, etwa, Mill, James und Dewey zwar seine Belesenheit, Fortschrittlichkeit und internationale Ausrichtung anzudeuten scheinen, im Foersterschen Kontext aber als eher gesucht und (wie bei Mill) geradezu falsch daherkommen (S. 25, 27ff). Auch die Verweise auf Pestalozzi haben mehr ‚Werbecharakter“ als wirklich Inhalt.
5)
Etwa, wenn es um „ [der] richtiger Haltung in der Dienstbotenfrage []“ geht (S. 34)
6)
Was sich v.a. ausduckt in den ständigen Anspielungen auf ‚männliche' Tugenden wie etwa Mut, Selbstbeherrschung, Ritterlichkeit, Wahrhaftigkeit, etc. Übrigens geht Foerster schon von wesentlich männliche bzw. weibliche Tugenden und Charaktermerkmale aus, plädiert aber auch dafür, welche solche in jedem Menschen zu entwickeln.
7)
Der sich ausdrückt in Sätzen wie: „[] der Kampf mit dem tierischen Selbst []“ (S. 14) „[] Regulierung der rein animalischen Instinkte []“ (S. 17) ,„ Instinkte [die] weit tiefer mit unsere ganzen Existenz zusammenhängen, als das blosse physische Bedürfnis.“ (S. 19), „[] Triumph des Geistes über die Elemente []“ (S. 24)









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